Die mobile Tankstelle, die zu Dir nach Hause kommt. Ein Entsafter für 700 Dollar. Im Silicon Valley erfinden sehr gut verdienende Programmierer Gimmicks für andere sehr gut verdienende Menschen. Doch seit Trumps Wahl dämmert es hier manchen: Haben wir den Kontakt zum Rest des Landes verloren?
Wenn der Mensch der Zukunft in der Bucht von San Francisco tanken muss, fährt er nicht mehr zur Tankstelle. Die Tankstelle kommt zu ihm. Booster Fuels, ein Startup, schickt einen lilafarbenen Benzin-Truck dahin, wo der Kunde gerade ist: Zur Hauseinfahrt, auf den Firmenparkplatz. „Das Wertvollste für unsere Kunden ist Zeit. Warum sollen sie die an einer Tankstelle verschwenden?“, fragt der CEO von Booster. Das "Tanken to go" verläuft komplett bargeldlos. Es gibt für alles im Leben eine App.
San Francisco ist eine herrliche Blase für reiche Programmierer und Social Media-Experten. Die Mitte der USA? Kennen die meisten hier nur als „fly over states", Überfluggebiet auf dem Weg nach New York. Am 8. November ist diese Blase geplatzt. Mit der Wahl Donald Trumps musste die Tech-Zentrale plötzlich feststellen, dass sich die Welt doch nicht um sie dreht. „Wie konnten wir diese Welle übersehen, die Trump ins Weiße Haus gespült hat?“, fragt zum Beispiel der Risikokapitalgeber Ben Parr jetzt immer lauter. "Welche Rolle soll das Silicon Valley künftig in der Welt spielen? Und wie wollen wir damit umgehen, dass wir mit Automation neue Jobs schaffen und zugleich andere vernichten?“ Parr ist auch Marketingchef von Octane AI, einem Chat Bot-Startup, das sich auf Künstliche Intelligenz spezialisiert hat. „Viele Führer der Tech-Industrie haben einfach nicht gesehen, dass Millionen von Menschen in diesem Land echte Sorgen haben.“, sagt er. „Wir müssen wieder mehr Dinge herstellen, die die Leute da draußen wirklich brauchen.“
Also keine elitäre Produkte wie den 700 Dollar-Entsafter von Juicero, scheinbar nur erfunden für die gesundheitsbewusste Social Media Managerin in San Francisco. Das edle Design-Teil kommt daher wie eine teure Espressomaschine und soll jeden Tag frischen Smoothie zaubern ohne Dreck zu machen. Das Obst und Gemüse dafür wird fertig geschnippelt in einzelnen Frischepacks angeliefert, für nochmal knapp 30 Dollar die Woche. Wer kann sich das leisten?
Als Amazon Go diese Woche in Seattle seinen ersten Lebensmittel-Supermarkt für Testkäufer eröffnete - ohne Kassen; alles, was die Kunden einpacken, wird über ihr Smartphone registriert und abgerechnet - da war sie in den sozialen Netzwerken sofort wieder greifbar: Die Angst vor dem technischen Fortschritt, der nirgendwo so schnell galoppiert wie im Silicon Valley. „Als Ingenieurin finde ich Amazon Go unglaublich, als Mensch macht mir der potentielle millionenfache Jobverlust Angst.“, tweetet da jemand. Und Ben Parr sagt: „Ich glaube, wir denken zum ersten Mal darüber nach, ob wir die Gesellschaft wirklich zum Besseren verändern können indem wir die Automatisierung vorantreiben.“
Die selbstfahrenden Google-Autos, die Lieferpizza, die von Robotern gebacken wird, all das ist in der Bucht von San Francisco schon Alltag. Und für den Rest der USA verdammt weit weg. Im sogennanten Rostgürtel, in Pennsylvania und Ohio, wo durch den Zusammenbruch der Stahlindustrie sowieso schon viele ihre Arbeit verloren haben, fragen sie sich, was passiert, wenn Uber seine Fahrer bald durch eine selbstfahrende Flotte wegrationalisiert. Die allgemeine Sorge um die Jobs gilt als eine Erklärung für Donald Trumps Wahlsieg.
Was machen wir mit all den Leuten, die dann nichts mehr zu tun haben, beginnen sie sich Im Silicon Valley zu fragen. „Die Chance ist ziemlich hoch, dass wir am Ende das bedingungslose Grundeinkommen haben.“, sagte Elon Musk gerade in einem Fernsehinterview. Der Tesla-Chef, der mit seinen Elektro-Autos bei der Automatisierung ganz vorne mitspielt, ahnt wohl, dass es nicht mehr reicht, einfach immer nur das Nächste zu machen, was technisch geht. Und in Oakland, einer sozial sehr diversen Stadt östlich von San Francisco, wird tatsächlich bald in einer sechsmonatigen Pilotstudie das bedingungslose Grundeinkommen getestet. Einhundert Haushalte bekommen monatlich bis zu 2000 Dollar, ohne etwas dafür tun zu müssen. Finanziert wird die Studie von YCombinator, einem Accelerator für frühe Startups.
Das Silicon Valley entdeckt das wahre Leben. Das, wo sich nur wenige den neuen Hightech-Ofen von June leisten können, in den Kameras und Sensoren, Wi-Fi und Algorithmen eingebaut sind. Und der uns ein Live-Video aus dem Ofen aufs Handy schickt. 30 Millionen Dollar hat das Startup von Investoren eingesammelt. In Zukunft kocht die Künstliche Intelligenz. Kaufpreis: 1500 Dollar.
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